Do - Gongfu

Kalligraphie Do

Der Weg zur Perfektion


 

Do, der Weg, ist ein ganz grundlegender Begriff in allen japanisch verwurzelten Kampfkunststilen. Ju-do, Aiki-do, Ken-do – sie alle enthalten dieses Wort. Gongfu erinnert demgegenüber irgendwie an Kung Fu und scheint eine chinesische Kampfsportart zu bezeichnen. Gongfu erinnert in der Tat an Kung Fu, denn es handelt sich dabei um die Pinyin-Umschreibung der Schriftzeichen für Kung Fu … nur steht Kung Fu für vielmehr als eine Kampfsportart und bedeutet teils das gleiche wie das japanische Wort Do und erweitert Do zum Teil auch.

Do ist ein ebenso einfacher wie komplexer Begriff,…

…denn eigentlich heißt Do Weg oder Straße, aber natürlich bleibt es nicht bei dieser einfachen Bedeutung.

Wenn man sich das Leben als einen Ablauf vorstellt, als einen Faden, an dem man sich von Geburt zu Tod entlangbewegt, so ist es naheliegend, sich das Leben als Weg vorzustellen, den man abschreitet. Und wie bei jedem Weg liegt es im Ermessen des Einzelnen, wie man sich auf ihm bewegt; ob man hastet oder schlendert, ob man das Ziel im Auge hat oder das Wandern entlang des Weges als Selbstzweck sieht. Die Art und Weise wie wir den Weg, Do, beschreiten, bestimmt die Qualität unseres Lebens.

In vielen Philosophien wird davon ausgegangen, dass es eine moralische Aufforderung, eventuell sogar Pflicht gibt, den Lebensweg derart zu beschreiten, dass er einen zu einem besseren Menschen macht. Das ist nicht unbedingt asiatisch oder gar konfuzianisch, sondern ist beispielsweise die Prämisse auch aller antiken griechischen und römischen Philosophie gewesen: Alles schreitet auf einem Weg zu ansteigender Perfektion und wer da nicht mitmacht, handelt moralisch falsch.

Do beschreibt nun ganz allgemein den Weg, das eigene Potenzial zu verbessern, also ein besserer Mensch zu werden. Das kann auf dem sanften Weg erfolgen – Judo -, auf dem Weg des Schwertes – Kendo -, auf dem Weg der harmonischen Energieentfaltung – Aikido -, und auf hundert anderen Wegen, die alle eines gemeinsam haben: Eigentlich geht es nicht um die spezifischen Übungen des Judo, Kendo oder Aikido; die Übungen dienen vielmehr dazu, die eigenen Potenziale in ihrer Gesamtheit zu eröffnen. Das geschieht auch in der Teezeremonie und selbst dann, wenn man ‚nur‘ seinen Garten harkt.

Das ist nun nicht einfach, und deshalb trifft der Weg, Do, sobald man ihn beschreitet, auf das chinesische Gongfu, denn Gongfu bezeichnet ganz allgemein alles, in was man durch harte Arbeit zur Meisterschaft gelangt ist. Dabei fasst Gongfu den Weg – also jegliches Üben – und das Erreichen des Zieles in einem Begriff zusammen, bezeichnet also das gleiche wie Do, aber zusätzlich den Erfolg und seinen Lohn.

Letzteres – Erfolg und Lohn – ist ganz wichtig, denn es wäre nicht ganz richtig, nun an das naheliegende Sprichwort „Der Weg ist das Ziel“ zu denken. Nein, das Ziel ist das Ziel, darin ist sich alle idealistische Philosophie einig, auch wenn sie sich zumeist ebenfalls darin einig ist, dass man das Ziel als unvollkommener Mensch nicht erreichen wird. Aber nur auf dem Weg zu sein, ohne – Gongfu! – sich um das Ziel Perfektion zu bemühen, lässt Potenziale unerfüllt bleiben.

Besonders das Gongfu steht nun scheinbar im Gegensatz zu einer der Grundaussagen hier auf seidenfluss.de, dass nämlich der Weg zu den Kampfkünsten und zur Lebensveränderung durch Meditation und Energiearbeit leicht zugänglich ist, und dass man vor diesen Dingen nicht aus falsch verstandenem Respekt zurückschrecken soll. Der Gegensatz hebt sich jedoch auf, denn der Zugang ist in der Tat leicht und erfordert nicht mehr als Neugierde und etwas anfängliche Beharrlichkeit. Effekte stellen sich bei genauem Hinsehen dann nämlich schnell ein und wecken neue Begehrlichkeiten und Lernziele, die einen auf dem Weg voranschreiten lassen.

Nur ist der anfängliche Zugang natürlich weit von Gongfu, weit von jeglicher Meisterschaft entfernt. Die erfordert immer noch und wird immer erfordern: harte Arbeit. Allerdings fällt einem das ‚Aufraffen‘ zu dieser harten Arbeit auch immer leichter, weil es auf dem langen, langen Weg zur Meisterschaft ständige Belohnungen gibt – man muss nur die Augen dafür öffnen und darf nicht jeden Tag von Neuem stöhnen…

… „Wann bin ich endlich da?“

Gongfu und Do haben, so verstanden, nichts mit Askese und Entbehrung zu tun …

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